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Markenpositionierung

Was Elon Musk über Early Adopter, MVPs und die Strategie von Tesla sagen würde

Mein letzter Artikel zum Minimum Viable Product (MVP) hat einige spannende Fragen zu Tage gebracht. Linas wollte wissen: „Wie bezieht sich die MVP Theorie zu Hardware Startups? Ein halb-fertiges Elektroauto werde ich nie verkaufen können.“

Stimmt. Eine Elektroauto, das nicht fährt, wird bei deinen ersten Kunden (den sogenannten Early Adoptern) durchfallen. Zum Glück sind Elektroautos ein hervorragendes Beispiel, weil es hier schon einen erfolgreichen Vorreiter gibt: Tesla Motors.

Deshalb habe ich mir gedacht, ich frage einfach mal den CEO von Tesla, Elon Musk, wie er die Early Adopter für seine Marke gefunden hat.

So würde Elon Musk das Konzept der Early Adopter erklären

Leider konnte Elon auf meine Interview-Anfrage nicht so kurzfristig reagieren, ohne die Markteinführung des Model 3 in 2017 zu gefährden. Deshalb habe ich recherchiert und das Interview rekonstruiert. So wäre es vermutlich abgelaufen:

Matthias: Hallo Elon. Danke, dass du dir die Zeit für meine Fragen nimmst. Meine Leser haben nämlich noch Schwierigkeiten mit dem Konzept des MVP. Bei einem Elektroauto scheint das  kaum zu funktionieren. Wie hast du mit Tesla den Einstieg geschafft?

Elon: Aber wir hatten doch ein MVP. Der Tesla Roadster war nichts anderes. Wir haben die Basis eine Lotus Elise genommen und dort unsere eigene Karosserie drauf gesetzt. Dann mussten wir nur noch den Antriebsstrang dazwischen setzen und in den Kofferraum eine 450 kg schwere Lithium-Ionen-Batterie packen. 

Tesla Roadster für die Early Adopter
Tesla Roadster: Für 128.000 Euro ein ziemlich teures MVP

Dieses Monster besteht aus 6.831 zusammengeschalteten Notebook-Akkus vom Typ 18650 mit jeweils 53 kWh Energie. Nicht gerade die Krönung der Ingenieurskunst, aber die Dinger tragen den Tesla Roadster locker mal 300 km weit. Davon träumen die deutschen Autobauer bis heute.

Matthias: Der Roadster kostet aber auch schlappe 128.520 Euro. Ziemlich happig für ein MVP?

Elon: Natürlich. Das haben uns genau überlegt. Wir hätten auch einen Mittelklasse-Wagen bauen können. Aber die Batterie-Technik war 2006 noch nicht so weit – unser Akku-Pack hätte den Wagen für die breite Masse viel zu teuer gemacht. 

Deshalb haben wir uns überlegt, wer die perfekten Early Adopter für so eine neue Technologie sind. Wir haben sie im Premium-Segment gefunden. MVP heißt ja nicht, dass das Produkt schlecht oder billig ist. Nur, dass es die Mindestanforderung erfüllt, um der Zielgruppe einen Nutzen zu bieten.

Matthias: Warum habt ihr euch für einen Roadster entschieden?

Elon: Wer sich einen Roadster kauft braucht das Auto nicht als Fortbewegungsmittel, weil er noch mindestens zwei andere Autos in der Garage hat. Er kauft ihn sich, um allen zu zeigen, wie erfolgreich und lässig er ist. Mit dem Tesla Roadster kannst du auch ein ökologisches Statement setzen und zeigen und bist viel individueller und fortschrittlicher unterwegs als die Ferrari- und Porsche-Fahrer. Das ist ein absolut einzigartiger Nutzen für unsere Early Adopter im Premium-Segment.

Zudem war der Roadster relativ leicht zu entwickeln. Es kam nur darauf an, einen sportlichen, kleinen Flitzer zu bauen. Auf viele Extras konnten wir verzichten, ohne die eine Limousine nicht auskommt. So hat der Tesla Roadster noch nicht mal ESP.

Matthias: Das leuchtet ein. Gab es noch andere Überlegungen bei der Entwicklung?

Elon: Die Menschen lieben Sportwagen. Selbst Menschen, die sich selbst keinen leisten können. Sie sind die Stars auf jeder Automobilmesse. In diesem Segment mit einem Elektroauto anzutreten kam 2006 noch einem Tabubruch gleich. Die Aufmerksamkeit war uns damit sicher.

Matthias: Tesla wurde damals aber noch von vielen Experten belächelt.

Elon: Stimmt. Die meisten haben gedacht, wie machen´s nicht lang. Aber die haben nicht verstanden, dass der Roadster nur unser MVP war, um die Early Adopter zu gewinnen. Mit dem darauf folgenden Model S haben wir ein deutlich weiter entwickeltes Fahrzeug auf den Markt gebracht, das sich auch schon an eine breitere Masse wendet. In den USA ist das Model S bereits das meistverkaufte Auto in der Oberklasse. Und in der Batterietechnologie kann uns keiner das Wasser reichen. Inzwischen lacht niemand mehr.

Matthias: Bisher macht Tesla aber noch keine Gewinne

Elon: Wir planen ja auch nichts Geringeres als eine Revolution der Mobilität. Seit 2012 entwickeln wir deshalb nicht nur Autos, sondern auch eine weltweite Infrastruktur für kostenlose Strom-Tankstellen, die Tesla-Supercharger. Gewinne zu machen war bislang weder geplant noch möglich.

Unsere Kunden sind noch immer hauptsächlich Early Adopter. Die sind zwar durchaus bereit, mehr für ein noch nicht 100% ausgereiftes Produkt auszugeben. Doch sie machen nur einen kleinen Teil des Marktes aus. Geld verdienst du erst, wenn du es schaffst, die Early Majority zu gewinnen.

Matthias: Early Adopter, Early Majority, … wer sind denn all diese Leute?

Elon: Die Begriffe stammen aus der Diffusionstheorie von Everett Rogers. Die Theorie beschreibt den Lebenszyklus eines Produkts. In den einzelnen Phasen von der Markteinführung bis es schließlich wieder vom Markt genommen wird gibt es verschiedene Kundengruppen, die aus unterschiedlichen Gründen kaufen. 

In der Grafik wird schnell klar, um was es geht:

Early Adopter in der Diffusionstheorie nach Rogers

Matthias: Kannst du kurz ein paar Worte zu den einzelnen Verbrauchern sagen:

Elon: Na klar. Nach der Diffusionstheorie gibt es fünf Typen von Verbrauchern 

Innovators (2,5 %) – Die Innovatoren lieben alles Neue. Sie probieren gerne neue Entwicklungen aus, sind risikofreudig und können es sich auch leisten. Ihnen geht es um die Neuheit, weniger darum, das Produkt im Alltag zu nutzen. Häufig haben sie ein berufliches Interesse und einen großen Einfluss in deiner Branche. 

Early Adopters (13,5 %) – Die Früh-Anwender sind die ersten echten Alltags-Nutzer deines Produkts. Sie nehmen auch anfängliche Fehler und Schwächen in Kauf, weil sie an deine Vision glauben uns sich damit identifizieren können. Neben wertvollem Feedback geben sie auch gerne ihre Erfahrungen weiter und werden so zu Meinungsführern.

Early Majority (34 %) – Die frühe Mehrheit der Verbraucher kauft neue Produkte erst deutlich später. Sie sind gut über neue Entwicklungen informiert, möchten jedoch kein Risiko eingehen. Deshalb warten sie ab, bis dein Produkt ausgereift und frei von Mängeln ist.

Late Majority (34 %) – Erst wenn der Lebenszyklus deines Produkts seinen Höhepunkt erreicht, greift die späte Mehrheit der Verbraucher zu. Sie sind nicht bereit, die hohen Preise zur Markteinführung zu zahlen und möchten sich nur langsam umstellen. Erst wenn das Produkt in ihrem Umfeld Anerkennung findet und die ersten Abverkaufs-Aktionen beginnen, werden sie zu Kunden.

Laggards (16%) – Die letzte Verbrauchergruppe stellen die Nachzügler. Sie sind Veränderungen gegenüber eher abgeneigt und der Nutzen ist ihnen einfach das Geld nicht wert. Das sind die Kunden, die sich erst dann ein Elektroauto kaufen, wenn es keine anderen Autos mehr gibt.

Matthias: Wow! Lässt sich dieses Modell auf alle Branchen anwenden?

Elon: Im Prinzip schon. Aber du siehst an den Begriffen, dass es um neue Technologien geht. Wenn du mit einem bewährten Konzept auf den Markt gehst, solltest du dir daher immer die Frage stellen: In welchem Teil seines Lebenszyklus ist dieses Geschäftsmodell bereits? Lohnt es sich noch, mit auf den Zug aufzuspringen? Mit welcher Innovation kannst du eine Zielgruppe erschließen, in der der Markt noch jung ist? Deine Aufgabe ist, eine nachhaltige Positionierung zu finden.

Matthias: Wie finde ich denn jetzt heraus, wer die Early Adopter sind?

Elon: Generell schreibt man den Early Adopter eine Reihe von Eigenschaften zu: Sie verfügen über eine bessere Bildung, sozialen Status, sind gut vernetzt und haben großes technisches Interesse. Und es sind Menschen mit einer positiven Einstellung zu Veränderungen, die auch mal Risiken eingehen.

Doch diese Beschreibung ist mit Vorsicht zu genießen: In der Praxis finden wir uns alle für verschiedene Produkte auf unterschiedlichen Enden des Diffusions-Modells wieder. Wer sich vor 8 Jahren einen Tesla Roadster gekauft hat macht seine Bestellungen heute vielleicht immer noch per Fax. 

Du musst hier sehr stark die individuellen Interessen deiner Zielgruppe analysieren und eine Lösung passende entwickeln. Dank Internet und sozialer Medien geht das heute sehr leicht.

Matthias: Stimmt. Ich habe eine Videoserie von Noah Kagan, dem Gründer von AppSumo gefunden, in der er genau zeigt, wie du deine Zielgruppe identifizierst. Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass er das ganz lässig im Unterhemd vorführt?

Elon: (lacht) Ziemlich genial, ja! Diese Möglichkeiten hatten wir 2006 leider noch nicht in dem Umfang. 

Matthias: Ich bin froh, dass es trotzdem geklappt hat. Hast du noch einen Tipp, was man im Umgang mit den Early Adoptern beachten sollte?

Elon: Ja, den Nerd-Faktor. Early Adopter sind erstaunlich kreativ und experimentierfreudig. Sie schrecken nicht vor komplexen Lösungen mit umfangreichen Features zurück und fordern sie auch gerne ein. Hier solltest du deine eigentliche Zielgruppe nicht aus den Augen verlieren, nämlich die übrigen 84% der Verbraucher. 

Tesla Model 3: Konzipiert für die frühe Masse an Verbrauchern
Tesla Model 3: 2017 greift Tesla erstmals den Massenmarkt an.

Ein Produkt, das für Early Adopter konzipiert wurde, funktioniert für die Masse deiner Zielgruppe oft nicht. Um den Sprung hinüber zur Early Majority zu schaffen, musst du sie entweder rechtzeitig mit in die Entwicklung einbinden – oder weitere Produkte planen. Wie wir das mit den Modellen S, X und 3 gemacht haben. 

Matthias: Elon, danke dir für das Interview! Weiterhin viel Erfolg.

Cooles Interview, oder? Nur schade, dass es so nicht zu Stande kam. Vielleicht schaffe ich es irgendwann, Elon Musk diese Fragen stellen zu können. Dann wird sich zeigen, ob dieses fiktive Interview der genialste oder schrägste Artikel von mir bisher war.

Was denkst du?

Teile ihn, wenn du ihn genial findest. Mal schauen, wie viele Punkte wir sammeln …

Lass uns die Welt verändern!
Unterschrift Matthias Barth

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