Gastautor Matthias Groo über seine Erfahrungen als Gründer von Space Wallet:
Es ist einfach, für eine neue Geschäftsidee zu brennen. Man hat sie, denkt etwas darüber nach, malt sich im Kopf ein paar Szenarien aus, denkt „Wow, die Idee ist der Hammer!“ und fängt an, die Idee fleißig umzusetzen.
Natürlich sind auf die Weise schon unzählige Ideen entstanden, die sehr erfolgreich waren. Jedoch werden die allermeisten Ideen kein Erfolg und gehen komplett schief.
Umso ärgerlicher ist das Ganze natürlich, wenn man schon viel Energie und Geld in die Idee gesteckt hat. Keiner gesteht sich gerne ein, dass die Idee einfach nie fliegen wird und das Geld letztendlich verschwendet ist. So wird teilweise jahrelang an einer Idee weitergearbeitet, die man eigentlich nach wenigen Wochen schon hätte begraben sollen.
Daher ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, dass man seine Geschäftsidee umfangreich prüft und testet, bevor man sie aktiv umsetzt. In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, wie man dabei vorgehen kann. Und ohne viel Startkapital erkennt, ob die Idee eine Chance auf Erfolg hat.
Auch ich als Entrepreneur laufe durch die Welt und habe dauernd Ideen, von denen ich meine, dass sie eigentlich funktionieren müssten. Natürlich habe ich nicht die Zeit und vor allem nicht das Geld, um alle wirren Ideen umzusetzen. Daher habe ich mir überlegt, wie man Geschäftsideen schnell auf Erfolg testen kann.
1. Schritt: Erzähle jedem von deiner Geschäftsidee!
Wenn du eine Idee hast, solltest du als erstes jedem davon erzählen. Versuche so viel Feedback wie möglich so früh wie möglich zu bekommen!
Ich weiß, du hast wahrscheinlich Angst, dass dir jemand deine tolle Idee klaut, umsetzt und mit deiner Geschäftsidee reich wird. Doch diese Angst ist Quatsch. Hier im Silicon Valley, wo ich gerade arbeite, spricht man immer offen und gerne über seine Idee. Die Chance, dass man in einem Gespräch gutes Feedback oder Kontakte erhält, ist viel viel größer als die Gefahr, dass dir jemand deine Geschäftsidee stiehlt. Also sprich offen über deine Idee und höre deinem Gegenüber zu.
Viel zu oft sind wir von unserer Idee überzeugt und reagieren auf Bedenken unseres Gesprächspartners nur mit Argumenten, warum er Unrecht und wir Recht haben. Wir sind viel zu oft nicht wirklich auf Feedback aus, sondern wollen nur, dass unser Gesprächspartner uns zustimmt, dass die Idee toll ist. Das ist natürlich Quatsch. Die Bedenken, die dein Gegenüber äußert, sollten sehr ernst genommen werden. Wenn dir zehn Leute erzählen, dass deine Idee aus Grund X nicht funktionieren wird, dann hat das weniger damit zu tun, dass sie deine Geschäftsidee nicht verstanden haben, sondern vielmehr damit, dass deine Idee aus Grund X wahrscheinlich einfach nicht funktionieren wird.
Aus diesen Gesprächen lernst du auch kennen, welche Features deine potentiellen Kunden an deinem Produkt schätzen und welche eher uninteressant sind. Wahrscheinlich bekommst du so sogar Anregungen für weitere coole Features.
Wir haben zum Beispiel, als wir uns für die ersten Designs unseres Space Wallet Geldbeutels festlegen mussten, eine Umfrage mit über 100 Leuten gemacht. Dazu haben wir kein krasses Online-Tool benutzt, sondern haben einfach die Designvorschläge ausgedruckt, sind durch die Stadt gelaufen und haben Leute nach ihrer Meinung gefragt. Hat genau 0 Euro gekostet, und wir konnten so durch Feedback unserer Kunden erkennen, welches Design am besten ankommt.
Letztendlich basiert dieser gesamte Ansatz auf dem Lean Launchpad Program von Stanford Professor Steve Blank, welches eines der Kernelemente unseres German Accelerator Programmes ist.
Schritt 2: Finde echte Käufer für dein Produkt
Dieser Punkt ist wahrscheinlich der wichtigste und wird am häufigsten vernachlässigt.
Viele tüfteln lange an ihrer Geschäftsidee, warten bis sie perfekt ist und werfen sie dann auf den Markt. Da sie zwei Jahre und mehrere tausend Euro in diese Idee investiert haben, sind sie überzeugt, dass das daraus entstandene Produkt ein voller Erfolg wird.
Sehr wahrscheinlich wird es floppen.
Ihr müsst so schnell wie möglich echte Kunden finden, die euch echtes Geld zahlen. Kein Mensch braucht ein perfektes Produkt. Ich brauche einfach ein Produkt, das zu meinem Problem eine bessere Lösung anbietet als die bestehende Lösung.
Ich brauche keine 3.476 zusätzlichen Features, von denen ich 98 % eh nie nutzen werde. Auch das Design kann von mir aus noch etwas holprig sein. Wenn ihr mir jedoch Zeit spart oder ein echtes Problem löst, dann mache ich meinen Geldbeutel auf und kaufe euer Produkt.
Also erstelle einen Prototypen und versuche ihn so schnell wie möglich zu verkaufen!
Falls du eine dieser tollen SAAS Lösungen oder irgendetwas anderes Komplexes anbieten willst und überzeugt bist, dass es unmöglich ist, hier einen einfachen Prototypen zu bauen und zu verkaufen, dann gibt es auch dafür eine Lösung.
Baue eine schicke Landingpage, aus der hervorgeht, was dein Produkt können wird. Tue so, als wäre dein Produkt zu 100 % fertig und einsatzfähig. Setze einen Button auf die Seite, mit dem Leute dein Produkt kaufen können. Lege einen Preis fest, den du für angemessen hältst.
Nun musst du nur Leute auf deine Seite bekommen (kaufe dir dazu Traffic oder poste in Foren etc.) und schau was passiert.
Die wichtigste Frage ist:
Wie viele Leute klicken den Button an und signalisieren so eine klare Kaufabsicht?
Wie viel Geld musstest du für diese Leute zahlen? Ist aus den Daten, die du nun hast, ersichtlich, dass dieses Geschäftsmodell mit etwas Optimierung funktioniert?
Dieser Schritt ist eigentlich so einfach umzusetzen, dennoch wird er nie gemacht. Leute arbeiten lieber monatelang an einer Lösung, um dann festzustellen, dass es keine Sau interessiert. Tut einfach so, als hättet ihr die Lösung schon und schaut, ob es jemanden interessiert und ob jemand kaufen würde.
Okay, ihr fragt euch wahrscheinlich, was eigentlich passiert, wenn Leute auf meine Seite kommen und ein Produkt kaufen wollen, welches noch gar nicht existiert.
Die Antwort ist simpel. Nach Klick auf den Kaufen-Button erscheint einfach ein Pop-up mit folgender Meldung:
„Leider ist das Produkt noch nicht verfügbar. Bitte trage deine E-Mail-Adresse ein und wir informieren dich, sobald das Produkt fertig ist. Zusätzlich erhältst du einen 25 % Gutschein.“
Und schon könnt ihr eure Idee einfach testen.
Sammelt so die E-Mail-Adressen ein und fragt eure potentiellen Kunden, welches angekündigte Feature ihnen besonders gefällt und welche Funktion sie sich noch wünschen würden. Dieses Feedback ist Gold wert.
Selbstverständlich gibt es noch zahlreiche andere Möglichkeiten. einfach zu testen, ob potentielle Kunden wirklich bereit sind Geld für ein Produkt auszugeben.
Für unsere Geldbeutel haben wir zum Beispiel ähnliche Geldbeutel aus Amerika importiert und versucht diese hier zu verkaufen. Obwohl diese nicht ganz den Vorstellungen unserer Geldbeutel entsprachen, konnten wir so einfach sehen, ob es in Deutschland zumindest einige Leute gibt, die Interesse an so einem innovativen, dünnen Geldbeutel hätten.
Und dieser Test hat prima funktioniert. Über Ebay und Facebook konnten wir die Geldbeutel ziemlich schnell verkaufen. Leute bezahlten Geld für diese Produkte. Dies war für uns der Startschuss, um aktiv nach Produzenten zu suchen und die Idee umzusetzen.
Schritt 3: Legt jetzt los!
Jetzt habe ich euch in über 1000 Worten erzählt, warum ihr nicht voreilig loslegen solltet, nur um euch jetzt als Tipp mitzugeben, dass ihr jetzt loslegen sollt. Klingt komisch, ist aber so.
Mit Loslegen meine ich nämlich nicht, dass ihr euch in einem Keller vergrabt und die nächsten sechs Monate an eurer Idee arbeitet. Ich meine damit, dass ihr jetzt anfangt eure Idee zu testen!
Holt euch Feedback, verfeinert so die Idee und holt euch eure ersten Käufer. Nach und nach könnt ihr euer Produkt zusammen mit dem Kunden anhand dessen Bedürfnissen immer besser machen. Letztendlich sollten immer die Kundenbedürfnisse darüber entscheiden, welches Feature als nächstes umgesetzt oder eingebaut wird und nicht ihr. Eure Meinung ist nämlich komplett unwichtig und uninteressant.
Testet alles am Kunden und mit dem Kunden und euer Produkt wird so immer besser.
Ich hoffe, dass dieser Artikel euch etwas dabei hilft, zukünftige Geschäftsideen ohne großes Kapital und Energieaufwand zu testen. Besteht die Idee die ersten grundsätzlichen Tests, dann solltet ihr Vollgas geben und die Idee mit euren (potentiellen) Kunden zusammen umsetzen!
Über den Autor
Matthias ist 24 Jahre alt, Gründer von Space Wallet und arbeitet gerade im Silicon Valley für den German Accelerator.
12 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Man kann nur hoffen, dass möglichst viele Gründerinnen und Gründer diesen Artikel zur rechten Zeit lesen.
Gut, dass dieses wichtige Thema hier einmal angesprochen und ausformuliert wurde.
Ja, das hoffe ich auch. Danke dir! 😉
Matthias, wirklich toller Artikel. Auch aus meiner Erfahrung ist es Fehler die Idee im Geheimen weiterzuentwickeln. Ich komme aus der Forschung wo Geheimniskrämerei zum Alltag gehört.
Ich würde noch ergänzen, dass ein Proof-of-Concept sehr wichtig ist, bevor man Geld ausgibt. Ich habe mir zum Thema Idee/Ideenfindung ein paar Gedanken gemacht, was hier bestimmt gut rein passt: https://www.gruenderbook.de/lst/05-wir-bauen-uns-eine-space-rocket/
Danke dir! Ja, in der Regel schießt man sich mit Geheimniskrämerei selbst ins Knie. Auch wenn es sich schlau anhört, dabei Steve Jobs zu zitieren: „A lot of times, people don’t know what they want until you show it to them.“ – solange du nicht praktisch unbegrenzte Ressourcen, die besten Designer der Welt und einen prophetenhaften Ruf hast, ist es noch zu früh solche Ratschläge wörtlich zu nehmen. 😉
LG, Matthias
Viele Gründer denken, sie können ihre zukünftigen nur mit dem fertigen Produkt ansprechen. Denn nur dann haben sie etwas in der Hand, worüber sie sprechen können. Oft wissen sie auch gar nicht, wie sie die Kunden in einer frühen Phase überhaupt erreichen können. Wo finde ich und mit was soll ich meine Zielgruppe interessieren, wenn es noch kein fertiges Produkt gibt?
Doch genau da liegt das Problem:
1. Wenn ich meine Zielgruppe HEUTE nicht identifizieren und ansprechen kann, kann ich es MORGEN (nach Fertigstellung des Produktes) auch nicht!
2. Wenn ich HEUTE nicht mit dem Kundennutzen bei Interessenten punkten kann, kann ich es MORGEN (nach Fertigstellung des Produktes) auch nicht!
Also, ran an den Speck und legt los mit dem Testen!
Hallo Tobias,
geb ich dir absolut Recht! Und selbst wenn du glaubst, deinen Markt schon bestens zu kennen, lohnt es sich, frühzeitig mit Tests, Umfragen, Ankündigungen und kleinen Vorschau-Schnipseln frühzeitig auf dich aufmerksam zu machen. Wenn niemand weiß, woran du arbeitest, wird auch niemand da sein und Interesse haben, wenn du tatsächlich startest:
https://www.startworks.de/hauptberuflich-selbstaendig-machen/
Liebe Grüße,
Matthias
Hey,
an dem Artikel ist viel Wahres dran. Ich selbst habe jahrelang viel nach einer Idee „geforscht“ ohne dabei wirklich tätig zu werden. Aber Hauptbestandteil dabei war es die Leute aus meinem Umfeld mit meinen Ideen zu konfrontieren und die Reaktionen auszuwerten. Das Feedback war jedesmal eine große Hilfe und auch die Idee meines aktuellen Shops wurde so ausführlich getestet.
Dazu kann man sagen, dass ich mit dem Shop an den Markt gegangen bin obwohl er für mich noch lange nicht perfekt war (und immer noch nicht ist) und ich dieses Jahr mit einem saisonalen Produkt zu spät an den Markt gekommen bin um was zu reißen. Aber was ich dabei alles lernen konnte – Wahnsinn. Damit kann ich dann nächstes Jahr viel gezielter arbeiten. Ohne die Learnings aus diesem Jahr hätte ich nächstes Jahr wahrscheinlich auch nix auf die Kette gekriegt und vermutlich gefrustet aufgegeben. Ich habe wohlgemerkt kein neues und innovatives Produkt, sondern „nur“ einen Onlinehandel in einer Nische die mir Spaß macht und mit einem USP von dem ich überzeugt bin.
Wer wissen will worum es geht kann ja mal http://www.kletterturm.de besuchen. Über Vorschläge zur Verbesserung bin ich jederzeit dankbar!
Spacewallet finde ich übrigens sehr geil und habe mich gestern, also noch bevor ich den Artikel gelesen habe, zum Affili-Programm angemeldet 🙂 Heute Mittag habe ich mir so ein Teil mal in natura angesehen und bin davon überzeugt, dass es gut läuft. Leider hatten die Jungs vom Railslide in Frankfurt nur die kleine Variante, sonst hätte ich direkt eins mitgenommen…
Greetz
Oli
Danke für dein Feedback, Olli!
Ich hab auch schon festgestellt, dass Perfektion oft die Kunst ist, sich selbst im Weg zu stehen. Deine Kunden wollen Spieltürme ohne chemische Schadstoffe für ihre Kinder – denen ist es sicherlich egal, dass die Website etwas altbacken und nicht im schicken flat-responsive-Design daher kommt. Dafür ist immer noch Zeit, wenn du Erfahrung gewonnen hast, was die Kunden wollen und fest stellst, dass das eine sinnvolle Investition ist.
Viel Erfolg weiterhin!
Matthias
Hallo Matthias,
ein sehr schöner Artikel und wirft auch gleich eine Frage bei mir auf:
Angenommen, ich habe eine wirklich gute Idee und auch ein Konzept in der Entwicklung. Jetzt möchte ich diese Idee gerne antesten (z.B. mit einer Landing-Page auf „Kundenfang“ gehen). Darf ich das, obwohl ich noch gar nicht selbstständig bin? Was sind die (ggf. rechtlichen) Konsequenzen, was muss ich auf dieser Seite angeben?
Viele Grüße
Marcel
Hallo Marcel,
eine gute Frage – die dir aber leider nur ein Anwalt wirklich beantworten kann. Da du nichts verkaufst, sondern lediglich ein Newsletter-Abonnement anbietest, sollten nach gesundem Menschenverstand Impressum und Datenschutzerklärung ausreichen. Leider stimmen Menschenverstand und Gesetz oftmals nicht 100%ig überein. Zudem kann ich mir vorstellen, dass auch es auch innerhalb des Verkaufstexts rechtliche Stolperfallen gibt. Wenn du eine Abmahnung ausschließen willst, bleibt dir da nur die individuelle Absprache mit einem Fachmann.
Liebe Grüße,
Matthias
Hallo Matthias,
habe mich mal bei meinem zuständigen Gewerbeamt schlau gemacht. Bereits das antesten einer Geschäftsidee ist gewerblich anzumelden, da es die entsprechenden Tatbestände nach der Gewerbeordnung erfüllt (Kundengewinnung im weiteren Sinne).
Hier müsste jeder für sich unterscheiden/wissen, ob er mit seiner Idee einer freiberuflichen oder gewerblichen Tätigkeit nachgehen möchte. Zweiteres würde dann die o.g. Gewerbeanmeldung voraussetzen – zusätzlich zu den gewerblichen Angaben im Impressum. Diese werden sich in solchen Fällen aber wahrscheinlich eh auf den Privatwohnort beziehen!
Kannst du in späteren Beiträgen vll. berücksichtigen 🙂
Gruß
Marcel
Cool, danke für die Recherche! Ein Gewerbe ist zum Glück schnell angemeldet. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn man Gründungszuschuss beantragen will. In dem Fall darf man auf keinen Fall ein Gewerbe anmelden, bevor der Antrag nicht durch ist. Möglich, dass das auch bei anderen Fördermitteln gilt.
Schade, dass in Deutschland Gründern oft so unnötige Steine in den Weg gelegt werden. 🙁