Viele Unternehmer drücken sich gerne darum. Es macht einfach viel mehr Spaß, tolle Produkte zu entwickeln, als sich mit der Zielgruppe zu beschäftigen.
So kommt es, dass viele Gründer (aber auch alteingesessene Unternehmen) keine Ahnung haben, wer das Ding am Ende kaufen soll. Nicht wenige scheitern daher an dieser Hürde. Andere haben Glück, finden willige Abnehmer und kommen so über die Runden.
Ohne klares Bild deiner Zielgruppe schöpfst du niemals dein Potential aus.
Darum ist es an der Zeit, dass du deine Wunschkunden genau kennenlernst. Mitsamt ihren Zielen, Problemen und Lebensgeschichten. Und das Beste ist: Mit dieser Methode macht es sogar Spaß!
Dieses Wunderwerkzeug ist die Buyer Persona.
Was sind Buyer Personas?
Eine Buyer Persona ist eine fiktive Person, die deinen typischen Wunschkunden beschreibt. Die Persona hat einen Namen, eine kurze Geschichte, Wünsche, Bedürfnisse, Ziele und natürlich auch Herausforderungen, die sie überwinden möchte.
Die Buyer Persona ist deine Zielgruppe in Person.
Auf die Idee mit der Persona kam der Software-Entwickler Alan Cooper 1983. Natürlich ein Amerikaner, wie bei allen klobigen Marketing-Anglizismen.
Alan Cooper wollte eine Software entwickeln, die auch Nicht-Programmierer bedienen konnten. 1983 war das noch keine Selbstverständlichkeit. Er kam auf die Idee, für seine künftigen Anwender verschiedene Personas zu entwickeln, um seine Software perfekt auf sie zuschneiden zu können.
Jede seiner Personas hatte einen Vornamen und ein Ziel. Seine erste Persona hieß Kathy Traffic.
Mit dieser Methode entwickelte er über die Jahre diverse erfolgreiche Programme. Seine Kollegen rieten ihm, die Methode geheim zu halten. Doch dankenswerterweise veröffentlichte er sie 1998 in seinem Bestseller The Inmates Are Running the Asylum.
Heute beschäftigt sich Adele Revella mit dem Buyer Persona Institute intensiv mit der Weiterentwicklung der Methode.
Warum brauche ich eine Buyer Persona?
Auch wenn du keine Software entwickeln willst, sind Buyer Personas ein ideales Werkzeug. Die typische Zielgruppen-Definition ist ziemlich trocken:
Unsere Kunden sind männlich, zwischen 35 und 50 Jahre alt, haben einen Hochschulabschluss und verfügen über ein gehobenes Einkommen als leitende Angestellte. Sie verfügen über konservative Werte, leben in einer festen Bindung und legen Wert auf Planbarkeit und Sicherheit.
Obwohl dieses Beispiel schon ziemlich detailliert ist, ist es doch noch lückenhaft und abstrakt. Es fällt dir schwer, dich in diese Zielgruppe hineinzudenken. Mit einer Buyer Persona erhält sie jedoch eine Persönlichkeit, auf die du dich und dein Angebot perfekt einstellen kannst.
Würde deine Buyer Persona zur Tür hereinspazieren, wäre sie der perfekte Kunde für dich. Du würdest das sofort erkennen. Und sie auch.
Das macht die Buyer Persona zu einem extrem mächtigen Werkzeug, um …
… deine Zielgruppe besser einzuschätzen
… perfekte Lösungen für deine Kunden zu entwickeln
… genau die richtige Ansprache zu wählen
… als wertvoller Partner wahrgenommen zu werden
… deine Marketing-Kosten zu reduzieren (geringer Streufaktor)
Und weil deine Persona ein übersichtliches Profil hat, kannst du sie auch leicht deinem Team und deinen Mitarbeitern vorstellen. Das stärkt die Zusammenarbeit.
Wie erstelle ich eine Buyer Persona?
Okay, lass uns loslegen!
Die erste Regel lautet: Es gibt keine festen Regeln. Es kursieren eine Menge Vorlagen und Methoden im Netz. Viele davon sind jedoch recht komplex und umfangreich. Ich bin ein Freund davon, die Dinge auf den Punkt zu bringen – überflüssige Informationen lenken nur vom Kern ab.
Welche Informationen für deine Buyer Persona relevant sind, hängt deshalb von deinem Geschäft ab. Wenn du Spezial-Matratzen für Übergewichtige mit Rückenproblemen verkaufst, sind andere Aspekte wichtig für deine Persona, als für einen Kommunikationstrainer für verunsicherte Führungskräfte. (siehe auch: Anleitung zum Anderssein)
Einen guten Startpunkt liefern Adele Revellas 5 Rings of Buying Insight™. Ergänzt um den persönlichen Hintergrund entstehen so Personas, die alle wesentlichen Faktoren bei der Kaufentscheidung berücksichtigen.
1. Persönliches
Wie heißt deine Persona? Wie alt ist sie? Wo lebt sie? Hat sie Familie? Welchen Beruf hat sie und welches Einkommen? Welche Ausbildung hat sie genossen?
2. Lebensziele
Was möchte deine Persona erreichen? Was macht ein erfülltes Leben für sie aus? Welches Ziel möchte sie in absehbarer Zeit erreichen?
3. Werte
Was ist deiner Persona wichtig im Leben? Wie sieht sie sich selbst? Wie möchte sie von anderen wahrgenommen werden?
4. Antrieb
Warum sucht deine Persona eine Lösung? Wie ist sie auf das Problem aufmerksam geworden? Warum ist sie bereit, Zeit und Geld zu investieren? Was unterscheidet deine Buyer Persona von den Menschen, die sich einfach mit dem Problem abfinden.
5. Ziele
Welches Ziel verfolgt deine Persona? Was erwartet sie für sich persönlich und für ihr Unternehmen? Woran misst deine Persona den Erfolg?
6. Einwände
Welche Einwände halten deine Persona davon ab, bei dir zu kaufen? Welche Vorteile erkennt sie bei deinen Mitbewerbern? Welche früheren Erfahrungen machen sie vorsichtig?
7. Kaufprozess
Wie kommt deine Persona zu ihrer Kaufentscheidung? Wie und wo informiert sie sich? Wer beeinflusst ihre Entscheidung? Welchen Quellen vertraut sie? Wie und wann trifft sie ihre Entscheidung?
8. Nutzen
Welche Vorteile deines und deiner Konkurrenzangebote sind deiner Persona wichtig? Welchen Nutzen erwartet sie aus den einzelnen Aspekten? Woran erkennt sie, wo sie den größten Nutzen hat?
Nun hast du ein komplettes Profil deines Wunschkunden erschaffen. Suche dir zum Abschluss ein passendes Foto. Damit rundest du das Bild deiner Buyer Persona buchstäblich ab.
Woher bekomme ich die Informationen für meine Buyer Persona?
Das Problem ist, dass du als Gründer relativ wenig über deine Zielgruppe weißt. Es ist dennoch legitim, den ersten Entwurf deiner Persona selbst am Schreibtisch zu erstellen. Dabei helfen dir deine bisherigen Erfahrungen, Vorstellungen und Recherche.
Dieser erste Entwurf wird jedoch noch recht ungenau und unvollständig sein. Daher ist es wichtig, deine Persona durch aktive Befragung deiner Zielgruppe und deiner Kunden näher kennen zu lernen.
Online-Umfragen
Klar kannst du auch einfach eine Online-Umfrage erstellen und die oben genannten Fragen eine nach der anderen abklopfen. Für deine Zielgruppe ist das aber sehr nervig, und du wirst nur bruchstückhafte Antworten erhalten.
Wenn du deine Zielgruppe online befragst, beschränke dich auf wenige, offene Fragen und lass dich überraschen, was deine Wunschkunden zu sagen haben. Ich stelle hier gerne Fragen wie:
- Was ist dein größtes Problem zurzeit mit XYZ?
- Welches ist dein nächstes Ziel für dein Unternehmen?
- Was steht dir dabei im Weg?
- Welche Risiken siehst du dabei für dich?
- Welchen Tipp würdest du anderen Gründern geben?
Es ist anspruchsvoll, solche Fragen auszuwerten. Dafür sind die Ergebnisse jedes Mal sehr aussagekräftig und oft überraschend. Wie zum Beispiel diese 89 Tipps von Gründern für Gründer.
Persönliche Befragung
Die tiefsten Einblicke erhältst du nur im persönlichen Gespräch. Ich empfehle dir daher, fünf bis zehn solcher Gespräche mit ausgewählten Personen aus deiner Zielgruppe zu führen, um deine Buyer Persona zu vervollständigen.
Nimm dir dafür 30 Minuten oder mehr Zeit, um deine (zukünftigen) Kunden besser kennenzulernen. Auch hier bin ich kein Freund davon, dein Gegenüber Frage für Frage auszuquetschen. Gestalte die Gespräche lieber als lockere Unterhaltung.
Lass deinen Gesprächspartner seine Geschichte erzählen und höre zu.
Menschen lieben es, wenn man sich für sie interessiert. Aus meiner Erfahrung nehmen sie sich dann auch gerne Zeit für dich, ohne dass du im Gegenzug viel versprechen musst. Ehrliches Interesse ist für viele schon Belohnung genug. Mach dir bei dem Gespräch Notizen oder nimm es vielleicht sogar auf, wenn dein Gesprächspartner nichts dagegen hat.
Hintergrundrecherche in Social Media
Du kannst deine Eindrücke hervorragend abrunden, indem du deine Gesprächspartner in den sozialen Netzwerken recherchierst. Über Facebook und Xing erfährst du meist viel über ihren persönlichen Hintergrund und ihre berufliche Laufbahn.
Hier findest du auch weitere Personen aus deiner Zielgruppe und kannst deren Präferenzen und Hintergründe abgleichen. Über gemeinsame Interessen findest oft sogar andere Unternehmen und Marken, die die gleiche Zielgruppe ansprechen. Diese solltest du dir für spätere Kooperationen oder Werbemöglichkeiten merken.
Wie viele Buyer Personas brauche ich?
Du stellst dir jetzt vielleicht die Frage: Wenn ich zehn Leute interviewe, bekomme ich dann nicht viel zu viele unterschiedliche Personas?
Keine Sorge, du brauchst am Ende nur sehr wenige Personas. In der Regel nur eine für jede Zielgruppe. Nach zehn Interviews wirst du schnell die Muster und Gemeinsamkeiten erkennen. Aus diesen kannst du eine Buyer Persona erschaffen, die das Wesentliche in sich vereint.
Jeder Kunde ist einzigartig. Die Buyer Persona vereint lediglich wichtige Gemeinsamkeiten.
Wenn doch zwei oder mehr stark unterschiedliche Personas bei rauskommen, hast du deine Zielgruppe vorab zu wenig differenziert. Und gerade entdeckt, dass es doch mehrere Teilzielgruppen gibt, die unterschiedlich angesprochen werden wollen. (Mehr dazu: Zielgruppendefinition für Startups)
Das ist nicht schlimm. Die Frage ist: Hast du die Zeit und die Ressourcen, um so viele Personas gezielt zu bewerben? Machst du dadurch mehr Umsatz?
Gerade am Anfang deiner Karriere als Unternehmer lautet die Antwort oftmals „nein!“
Setze deine begrenzten Ressourcen lieber fokussiert ein.
Hast du eine Vorlage für die Buyer Persona?
Natürlich! Ich habe aus den oben genannten Punkten eine passende Vorlage für dich erstellt. Du kannst sie kostenlos herunterladen:
Tipp: Suchst du einen kompletten Marketing-Plan, der dich von der erfolgreichen Positionierung bis zur Vermarktung und den Aufbau deiner Marke führt? Dann hol dir meinen Ebook-Kurs How To Start Smart. Hier findest du ALLES, was du brauchst:
Was kann bei der Erstellung deiner Buyer Persona schiefgehen?
Es gibt eigentlich nicht viel, was du falsch machen kannst. Ein Problem können irrelevante Daten sein, die deine Persona unnötig aufblähen. Das erschwert den Blick auf das Wesentliche, ist aber kein Beinbruch. Mit der Zeit kannst du überflüssige Informationen auch wieder streichen.
Ein weiterer Fehler ist Faulheit: Wenn du dir nicht die Zeit nimmst, deine Zielgruppe zu befragen, basiert die Buyer Persona allein auf deinen Annahmen und Erfahrungen. Das ist viel besser, als sich gar keine Gedanken gemacht zu haben. Aber wahrscheinlich entgehen dir dadurch spannende Chancen und Ideen.
Die größte Gefahr besteht darin, deine Persona rein technisch zu betrachten. Wenn sie für dich nur als Vorlage für deine Argumente dient, wirkt dein Unternehmen eher technisch und leblos. Sieh deine Persona als deinen Freund, mit dem du gerne zusammen bist und dem du helfen möchtest. Dann landest du automatisch bei einer persönlichen, vertrauten Kommunikation.
Deshalb habe ich noch einen letzten Punkt, der das Profil deiner Buyer Persona komplett macht:
9. Begeisterung
Wofür wird dich deine Persona lieben? Warum liegt ihr genau auf einer Wellenlänge? Wenn du diesen Punkt auch noch löst, wird dein Unternehmen wahrlich einzigartig. Und deinem Aufstieg zur Marke steht nichts mehr im Weg.
Lass uns die Welt verändern!
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo Matthias,
wieder einmal ein sehr ausführlicher und hilfreicher Blogbeitrag!!
Liebe Grüße
Roman
Hallo Roman, danke dir für das Kompliment!
Liebe Grüße, Matthias