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Erklärungsbedürftige Produkte verkaufen einfach erklärt

Wie lassen sich erklärungsbedürftige Produkte verkaufen? Diese Herausforderung* hat mir vorletzte Woche ein Teilnehmer in der Leser-Umfrage geschickt, und ich will versuchen ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Doch leider habe ich eine schlechte Nachricht für dich:

Erklärungsbedürftige Produkte lassen sich nicht verkaufen.

Eigentlich ist damit alles gesagt und ich kann Feierabend machen. Aber ich habe das Gefühl, diese Information hilft dir noch nicht weiter. Lass uns das Problem zuerst im Detail anschauen. Danach zeige ich dir, was du stattdessen tun kannst.

Was macht ein Produkt erklärungsbedürftig?

Einen Schuh zu verkaufen, ist eine ziemlich einfache Sache: Der Schuh gefällt dem Kunden. Der Schuh passt. Der Preis auch. Gekauft.

Auch ein Computer lässt sich noch relativ leicht verkaufen. Das Design sieht gut aus, die inneren Werte auch. Der Preis ist gut. Gekauft. Zumindest wenn der Kunde Erfahrung mit Computern hat, kann der Verkauf so einfach ausfallen. Anders sieht es aus, wenn ich dir meine Mutter in den Laden schicke, damit du ihr einen Computer verkaufst …

Ob ein Produkt erklärungsbedürftig ist oder nicht, hängt also weniger vom Produkt selbst ab, als vom Wissensstand des Kunden. Was für den einen ganz logisch und einfach ist, ist für den anderen Neuland.

Da zeigt sich wieder, wie wichtig es ist, seine Zielgruppe genau zu kennen und individuell anzusprechen. Sonst langweilen sich die einen, während die anderen hoffnungslos überfordert sind. In einer idealen Welt könntest du dich einfach nur auf die Menschen konzentrieren, die schon über das nötige Basiswissen verfügen. Dann wäre die Komplexität gar kein Problem.

Da du als Gründer aber oft mit neuartigen Angeboten und Produkten an den Start gehst, hast du diese Option meist nicht.

Weshalb lassen sich erklärungsbedürftige Produkte nicht verkaufen?

Die Ausgangsfrage ist relativ leicht zu beantworten: weil Menschen ungern etwas kaufen, was sie nicht verstehen. Natürlich kannst du die Vorteile deines Produkts anpreisen und versuchen, deinem Kunden so den Mund wässrig zu machen. Solange er aber nicht versteht, wie und warum ihm dein Produkt diese Vorteile bringt, wird er dir das Ganze nicht abkaufen.

Der sichere Weg den Kunden loszuwerden, ist daher, wie ein klassischer Verkäufer aufzutreten und zu versuchen, ihn zu einer Entscheidung zu bewegen.

Wie findest du dennoch Kunden für ein neuartiges oder erklärungsbedürftiges Produkt?

Es führt kein Weg drumherum, dass der Kunde erst einmal lernen muss, wie dein Produkt funktioniert. Erst dann kann er auch ein Gespür für dessen Vorteile und schließlich ein Kaufinteresse entwickeln. Eine mühevolle Geschichte. Nicht nur für dich, sondern auch für den Kunden. Und genau da ist der Haken bei der Sache:

Du selbst bringst ein großes Interesse mit, dein Produkt zu erklären. Schließlich willst du es verkaufen. Aber dein Kunde scheut alles, was nach Arbeit aussieht und wird sich ohne einen starken Anreiz nur ungern darauf einlassen.

Du brauchst daher ein Konzept, wie der Kunde dein Produkt kennenlernen kann, das …

  • … sich nicht wie Arbeit anfühlt
  • … einen starken Wissensdurst weckt und motiviert

Die Frage „Wie lassen sich erklärungsbedürftige Produkte verkaufen?“, ist damit aber immerhin vom Tisch. Was zählt, ist einzig die Frage:

Wie bekomme ich den Kunden dazu, etwas Neues zu lernen?

Das ist in der Tat eine große Herausforderung, denn der Kunde ist wie gesagt eine faule Sau. Das ist ja auch sein gutes Recht. Es gibt so viele Anbieter, die etwas von ihm wollen, dass er sehr wählerisch ist, wofür er seine Zeit und sein Geld investieren will. Das heißt, die ganze Arbeit bleibt an dir hängen. Die gute Nachricht jedoch ist:

Wenn sich der Kunde erst einmal drauf einlässt und lernt, wie dein auf kompliziertes Produkt in Wirklichkeit sein Leben viel einfacher macht, ist das Verkaufen an sich kein Problem mehr. Er wird dir mit hoher Wahrscheinlichkeit die Treue halten und nicht zur Konkurrenz gehen. Wer sich einmal für eine Sache entschieden hat (dein Produkt kennenzulernen), bleibt dieser Entscheidung in der Regel treu.

Dazu musst du den anstrengenden Lernprozess in eine Erlebnisreise umwandeln und ihn dabei Schritt für Schritt begleiten. Stell die vor du müsstest dieses Produkt deiner Mutter erklären. Ähnlich sensibel musst du auch deine Kunden behandeln. Dies sind die einzelnen Stationen dieser Reise:

Schritt 1: Anreiz schaffen

Bevor du deinem Kunden irgendetwas Neues beibringen kannst, musst du erst einmal seine Neugier gewinnen. Zeig ihm, welchen Einfluss dein Produkt auf sein Leben hat:

Welchen Gewinn an Lebensqualität hat er dadurch?
Welche Ärgernisse ersparst du ihm dadurch?

Es bringt an dieser Stelle gar nichts, dein Produkt im Detail zu erklären. Das würde nur nach Arbeit aussehen und ihn möglicherweise abschrecken. Eine kurze Zusammenfassung mit stark vereinfachten Grafiken genügt, um das Grundprinzip darzustellen. Auch kurze Erklärvideos funktionieren dabei sehr gut. Use Cases und Berichte von begeisterten Anwendern machen deine Leistungsversprechen greifbar und glaubwürdig.

Denk‘ dran, dass es an dieser Stelle noch nicht ums Verkaufen geht. Du möchtest deinen Kunden auf eine Reise einladen, etwas Neuem zu begegnen. Das sollte nach Spaß und schnellen Erfolgserlebnissen aussehen. Den Einstieg solltest du ihm möglichst einfach und unverbindlich gestalten. Damit du ihn begleiten und die ersten nützlichen Tipps geben kannst, bittest du ihn lediglich um seine Kontaktdaten – eine E-Mail-Adresse reicht in der Regel.

Schritt 2: Durch den Lernprozess begleiten

Niemand studiert erklärungsbedürftige Produkte gerne in Handbüchern und seitenlangen Schulungsunterlagen. Die besten Erfolge erzielst du, indem du deinen Kunden möglichst persönlich an dein Produkt heranführst. Je nach Produkt können Videos ein sinnvoller Kanal sein, nichts toppt aber die persönliche Betreuung. Sie ermöglicht nicht nur individuell auf den Kunden eingehen zu können, sondern schafft auch ein Vertrauensverhältnis, das unbezahlbar ist.

Schulungsunterlagen sind trotzdem eine sinnvolle Ergänzung, damit der Kunde das Gelernte noch einmal nachschlagen kann. Diese Unterlagen sollten dazu dienen, das persönliche Lernen zu unterstützen, nicht es zu ersetzen.

Im B2B haben sie noch eine weitere wichtige Funktion: In einem Unternehmen sind in der Regel mehrere Entscheider an einer Neuanschaffung beteiligt. Dein Ansprechpartner muss in der Lage sein, mithilfe der Unterlagen auch sein Team zu überzeugen. Zumindest so weit, dass du dein Produkt der gesamten Geschäftsleitung vorstellen darfst.

Schritt 3: Erleben und ausprobieren

Wenn es das Produkt zulässt, sollte es eine Möglichkeit geben, es möglichst ohne Risiko testen zu können. Das sollte eine vereinfachte Form des Originalprodukts mit eingeschränkten Funktionen oder zeitlich limitiert sein.

Auch hier ist noch intensive Betreuung nötig. Wenn der Kunde jetzt frustriert aufgibt, waren alle Mühen umsonst. Du musst dafür sorgen, dass es beim Kunden „Klick“ macht. Er braucht ein Aha-Erlebnis, bei dem dein erklärungsbedürftiges Produkt plötzlich logisch und vor allem sinnvoll erscheint. Dann ist es nur noch ein kleiner Schritt zu …

Schritt 4: Den Verkauf abschließen

Es ist Zeit den Sack zuzumachen, die Unterschrift auf Papier zu bringen – möglichst mit Blut – und den Kunden bis zum Ende seiner Tage zu maximalen Konditionen zu binden.

Nein, nicht doch! Wie du schon an den ersten drei Schritten gesehen hast, erfordern erklärungsbedürftige Produkte eine sehr viel sensiblere Vorgehensweise als einfache Produkte. Du hast den Kunden behutsam an dein Produkt herangeführt. Dabei ist ein Vertrauensverhältnis entstanden, bei dem dich der Kunde als Partner wahrnimmt, nicht als Verkäufer.

Also bleib‘ deiner Linie treu und sei sein wohlwollender Berater. Auch wenn dein Kunde jetzt versteht, was dein Produkt kann, braucht er in der Regel noch etwas Zeit für die Kaufentscheidung. Er muss erst noch die Konsequenzen einer Entscheidung überdenken und dem Reiz deiner Lösung erliegen.

Zeig dich geduldig und verständnisvoll. Setz dabei kleine Anreize und Entscheidungshilfen, dann klappt es auch mit dem Kauf. Und lieber klein anfangen und den Kunden aufbauen, als ihn gleich mit einem zu großen Paket zu überfordern. Indem du mehrere Ausbaustufen deines Produkts anbietest, kannst du deine Kunden schrittweise an deine Angebote heranführen.

Schritt 5: Partner bleiben

Hat der Kunde dein Produkt erfolgreich in seinen Alltag implementiert? Schöpft er alle Möglichkeiten aus, die ihm zur Verfügung stehen? Jetzt geht es darum sicherzustellen, dass der Kunde das Produkt auch voll annimmt und zufrieden ist. Die Arbeit hört also nie auf.

Dafür eröffnen sich Möglichkeiten für Folgekäufe oder Empfehlungen. Wenn der Kunde glücklich ist, bietet er sich vielleicht auch als Rezension und Praxisbeispiel an, um neue Kunden neugierig zu machen. Damit schließt sich der Kreis wieder.

Erklärungsbedürftige Produkte brauchen Zeit

Bei erklärungsbedürftigen Produkten ist es oft ein langer Weg vom ersten Kontakt bis zum Verkauf. Wichtig ist, nicht die Geduld und die Ausdauer zu verlieren. In meiner Agentur-Zeit hatte ich viele Telefonate und Treffen mit möglichen Neukunden. Sie waren (fast) immer sehr angenehm, und die meisten Kontakte haben immer wieder gern von uns gehört. Aber bis aus einem Kontakt ein Auftrag wird, kann leicht einmal ein Jahr oder mehr vergehen.

Neben der Geduld ist das wichtigste Werkzeug, das du dafür brauchst, ein gutes Customer-Relationship-Management-System (CRM). Das ist zwar ein furchtbares Wort und klingt nach Massenabfertigung. Ist es aber nicht. Es ist einfach wichtig, den Kontaktverlauf zu jedem Kunden auch über einen langen Zeitraum im Blick zu haben. So können du und deine Mitarbeiter auch über eine lange Zeit eine optimale Betreuung sicherstellen. Wer die Welt verändern will, sollte gut organisiert sein.

Lass uns die Welt verändern!
Unterschrift Matthias Barth

* Ganz konkret ging es um die Frage, wie sich erklärungsbedürftige Produkte im B2B-Bereich verkaufen lassen. Es ist aber egal, ob es sich um B2B oder B2C handelt, denn noch werden Geschäfte nur zwischen Menschen gemacht. Also H2H = Human to Human.

Wie sind deine Erfahrungen mit erklärungsbedürftigen Produkten?
Was hat bei dir funktioniert? Was nicht?

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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Hallo Matthias,

    danke für diesen gelungenen Beitrag! Ich teile deine Ansichten beim Thema Kundenbetreuung und behutsamer, schrittweiser Verkauf (Partner statt Verkäufer). Mich würde interessieren, welchen Weg der Erstansprache du für besonders Effektiv im B2B Bereich (Software as a Service) hälst? Kaltakquise per Telefon, Messen, Mailings/E-Mailings, Webinare? Oder ganz was anderes?

    Ich freue mich auf deine Meinungen dazu!

    Viele Grüße

    Julian Nöll

    Antworten
    • Hallo Julian,
      danke dir! Von den genannten Beispiel halte ich Kaltakquise und Mailings (oder eine Kombination aus beidem) für die schwerste Variante. Besonders wenn du als Partner und nicht als lästiger Verkäufer auftreten willst. Heute hat wieder eine junge Frau bei mir angerufen, die mir einen günstigeren Stromanbieter verkaufen wollte. Auch wenn ich derzeit vermutlich zu viel für meinen Strom zahle, hasse ich solche Anrufe und finde das auch ziemlich unseriös.
      Was hingegen gut funktioniert sind Messebesuche und Networking-Events. Wenn schon mal ein persönlicher Kontakt statt gefunden hat, stört sich in der Regel niemand an deinen Anrufen. Bei SaaS würde ich auch Content Marketing mit einem guten Blog und Social Media in Erwägung ziehen. Der Königsweg ist und bleibt aber die Empfehlung. Wenn du einen vertrauenswürdigen Kontakt hast, der eine Empfehlung ausspricht, öffnet dir das viele Türen. Das kann jemand sein, der deinen Kunden persönlich kennt, ein Mentor oder ein bekannter Player in der Branche.
      Schönen Abend!
      Matthias

      Antworten
  • Ina Knuchel
    25. Juni 2021 11:17

    Hallo Matthias,
    Danke für diesen Beitrag zum Verkauf erklärungsbedürftiger Produkte. Mein technischer Partner hat mir erklärt, ich könne nicht verkaufen. Deine Ausführungen zeigen, dass solche Produkte schwerer zu verkaufen sind. Und Märkte sind verschieden in ihrem Entwicklungsstand. Die Zielgruppendefinition ist bei manchen Produkten ebenfalls schwieriger. Wenn Kunden etwas tun müssen, für Leistung bezahlen müssen, sinkt das Interesse. Ich glaube der Faktor Zeit ist wesentlich. Ich hatte in den letzten Wochen viele persönliche, telefonische und schriftliche Anfragen gemacht, sowie viele Posts auf Linkedin. Etwa 70% der Reaktionen waren mau. Ich bin nah dran, mich von meinem technischen Partner zu trennen, weil Meinungen und Ansichten auseinander gehen, Wertschätzung und Bezahlung fehlen und für das was ich verkaufte, seine Bezahlung bis heute aussteht. Sorry, jetzt habe ich meinen Frust von der Seele geschrieben… ich war erleichtert, deinen Blog zu finden..
    Herzliche Grüße
    Ina

    Antworten
    • Liebe Ina,
      vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht. Ja, komplexe Produkte und Dienstleistungen verkaufen sich schwerer als zum Beispiel belegte Brote. Doch verkaufen besteht nur zu 10 % aus Präsentation und 10 % Besprechung des Angebots. Weitere 10 % sind Fragen stellen. Die restlichen 70 % sind zuhören, zuhören und zuhören. Solange, bis du die Wünsche, Sorgen, Ansprüche und Hindernisse deines Kunden genau kennst. Denn dann kannst du das Produkt auf seinen Bedarf hin erklären und zwar mit den Worten des Kunden.
      Es bedarf guter Vorbereitung und viel Übung, bis das gelingt. Ein Verkaufs-Training kann hier auch Gold wert sein. Doch wenn dein technischer Partner deine Arbeit nicht wertschätzt und noch nicht mal bezahlt, such dir lieber etwas anderes, das du verkaufen kannst.
      Viel Erfolg!
      Matthias

      Antworten

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