Deine Marke gehört dir nicht. Eine Marke ist das Gefühl, das du deinen Kunden in den Kopf zauberst. Das ist die wichtigste Lektion aus dem ersten Teil, in dem es um die Grundlagen der Markenbildung ging
geht. Teil zwei lautet: Lass uns zaubern!
Dein Ziel ist klar: Du willst mit deiner Marke die Köpfe und Herzen deiner Kunden erobern. Eine Marke aufzubauen, ist daher auch ein bisschen wie flirten. Es geht darum, eine emotionale Beziehung aufzubauen und schließlich zueinander zu finden. Und ähnlich wie beim Flirten wirst du dir am Anfang vielleicht noch unsicher sein oder dich ungeschickt anstellen. Vielleicht kommt deine Art anfangs nicht gut bei deinen Wunschkunden an und du musst an deinem Auftritt arbeiten.
Markenbildung ist Magie – keine Hexerei
Am Anfang wird niemals alles perfekt sein! Mach dir deshalb keine Sorgen. Du musst erst die Bedürfnisse und Werte deiner Zielgruppe verstehen lernen. Und du musst auch ein Stück weit dich selbst und deine Marke finden. Auch Seriengründer, die schon zig Unternehmen gegründet haben, müssen diesen Prozess für jede Marke neu durchlaufen.
Was du getrost vergessen kannst, ist die ganze Theorie von Produktmarken und Dachmarken, Leitbildern und Corporate Identities sowie den ganzen Schmarrn aus den verstaubten Marketing-Enzyklopädien. Als Gründer ist das alles nicht relevant. Auch die großen Unternehmen sind kein gutes Vorbild für dich, weil sie meist den Faktor Emotion vernachlässigen und außerdem mit ganz anderen Mitteln arbeiten, als du dir leisten kannst.
Das macht nichts, denn das brauchst du alles nicht, um Magie zu entfachen. Schließlich kannst auch du erfolgreich flirten, obwohl du nicht Chris Hemsworth oder Scarlett Johansson bist. Die magischen Zutaten für die Markenbildung stehen jedem zur Verfügung:
Die magischen Zutaten der Markenbildung
Marken brauchen einen Partner
Was ist das Wichtigste beim Flirten? Na klar, der Partner. Eine Marke aufzubauen, ist neben dem Flirten eines der wenigen Dinge, die man nicht alleine tun kann. Und wie beim Flirten gilt auch hier:
Du hast eine klare Vorstellung davon, wie dein Wunschpartner aussehen sollte.
Da drei Viertel der Leser Männer sind, noch ein Zusatz: Es geht hier nicht nur ums Aussehen! Es kommt auf die inneren Werte an! Die Gemeinsamkeiten, die Glaubenssätze, der Lebensstil, die persönlichen Ziele und so weiter. Demographische Eigenschaften wie Alter, Geschlecht, Familienstand etc. spielen zwar auch eine Rolle, sind aber längst nicht so wichtig. Du willst schließlich eine emotionale Beziehung aufbauen, und die beginnt in der Regel nicht mit: „Und, was machst du so beruflich?“
Marken brauchen Persönlichkeit
Die zweite Person beim Flirten bist du, beziehungsweise deine Marke. Deine Marke braucht Persönlichkeit, um zu überzeugen. Hier beginnen die Probleme der großen Konzerne. Sie möchten möglichst leicht verdaulich sein und jeden ansprechen. In Folge beschränken sie sich auf sinnfreie Worthülsen und Allgemeinplätze, die sie zu ihrem Leitbild und ihrer Corporate Identity hochstilisieren:
Wir sind innovativ – der Kunde steht immer im Mittelpunkt – wir haben höchste Wertschätzung für unsere Mitarbeiter und Lieferanten – wir arbeiten nachhaltig – liefern höchste Qualität – bla bla bla.
Mit dieser langweiligen Soße erstickst du jeden Flirt im Ansatz. Erstens interessiert es niemanden, wie toll du bist. Zweitens glaubt das auch kein Kunde. Und drittens ist es nicht mehr als das absolute Minimum, um nicht als Arschloch da zu stehen. Markenbildung hat wenig damit zu tun, wie toll du dich selbst findest. Es kommt darauf an, wie toll dein Kunde dich findet:
Was du brauchst, ist eine echte Marken-Persönlichkeit mit Charakter, Stärken und Schwächen, wie sie auch einen Menschen ausmachen. Als Einzelunternehmer sollte sie stark deiner eigenen Persönlichkeit entsprechen, jedoch nicht identisch sein – so wie in Superman immer noch Clark Kent steckt. Wenn du im Team gründest oder Mitarbeiter beschäftigen willst, ist sie mehr ein Fantasie-Charakter, den du entwirfst, um das Leben deiner Wunschkunden zu bereichern.
Marken brauchen Emotionen
Beim Flirten geht es um Gefühle, um Lebensentwürfe, Hoffnungen und Träume. Genauso muss deine Marke für den Lebensentwurf stehen, den deine Wunschkunden anstreben. Dann können sie sich auch mit deinem Unternehmen identifizieren. Wie selbst eine Buchhaltungssoftware sexy sein kann, hat Christian Häfner neulich für sein Unternehmen Fastbill anschaulich in diesem Artikel vorgestellt.
Auch an diesem Punkt scheitern die meisten Unternehmen. Emotionen zu schaffen, bedeutet auch, Stellung zu beziehen und mögliche Zielgruppen auszugrenzen, um die Herzen deiner wahren Wunschkunden zu gewinnen. Wenn du von bestimmten Personen geliebt werden willst, bedeutet es auch, dass andere dich dafür womöglich verachten werden. Provokation gehört zur Markenbildung dazu.
Marken brauchen Botschaften und Geschichten
Damit deine Wunschkunden deine Marke kennen und lieben lernen, musst du mit ihnen kommunizieren. Auf einer persönlichen, emotionalen Ebene. Es sollte zwar dein Ziel sein, der Beste in deiner Nische zu sein. Es reicht jedoch nicht aus zu sagen: Meine handgefertigten Bio-Seide-Schuhe sind die besten!
Es ist gut, wenn du einen USP als Alleinstellungsmerkmal hast. Für eine Marke ist das jedoch nicht erforderlich. Im Gegenteil: Eine Marke kann zum USP werden, weil sie einen einzigartigen emotionalen Nutzen bietet, selbst wenn es kein physisches Alleinstellungsmerkmal gibt.
Was du dazu brauchst, ist eine Geschichte mit einer Botschaft, die deine Kunden anspricht. Und die es wert ist, weitererzählt zu werden. Nimm zum Beispiel Toms Schuhe: Die meisten, die ich kenne, finden die Dinger einfach nur hässlich (gut: sie polarisieren). Aber mit ihrer Aktion „One-for-one“, bei der für jeden verkauften Schuh ein neues Paar an einen Bedürftigen gespendet wird, haben sie es international zu einem riesen Erfolg geschafft.
Marken brauchen Wiedererkennungswert
All das nutzt dir nichts, wenn niemand deine Marke wiedererkennt. Meines Erachtens braucht jedes Unternehmen heutzutage ein professionelles Corporate Design. Wenn du mit einem selbstgemachten Power-Point-Logo zum Kunden gehst, wird er dir kaum abnehmen, dass du Profi bist.
Andererseits gibt es erstaunlich viele Unternehmen, die trotz eines miserablen Erscheinungsbildes erfolgreich sind. Das beste Beispiel ist Google. Das alte Logo mit fünf Farben, Schlagschatten und 3D-Effekt hätte kein Designer so gemacht, der sein Handwerk versteht. Der Marke hat es nicht geschadet. Inzwischen hat sich auch Google dem Flat-Design-Trend angeschlossen. Ein bisschen schade eigentlich:
Also lass dir von mir nichts aufschwatzen. Ich biete zwar Corporate Design an, aber manche Dinge überraschen auch Profis.*
Marken brauchen Zeit
Marken versprühen ihre Magie nicht von heute auf morgen. Selbst wenn dir heute das eine geniale Zauberkunststück gelingt und sich deine Botschaft viral millionenfach verbreitet: Um dauerhaft in den Köpfen der Menschen anzukommen, braucht deine Marke Zeit und viele Wiederholungen. In der Werbewelt heißt es, dass ein Kunde achtmal mit einer Marke in Berührung kommen muss, bevor sie ihm im Gedächtnis bleibt.
Aber das ist okay, denn auch du brauchst Zeit. Bevor du den Draht zu deiner Zielgruppe findest, wirst du viele Ideen testen müssen. Du wirst auch nicht gleich die perfekten Bilder, die perfekten Botschaften und das perfekte Image ausstrahlen, weil dir womöglich erst einmal das Budget und die Erfahrung dazu fehlen.
Ich nehme an, auch bei deinen ersten Flirtversuchen lief nicht gleich alles rund. Aber mit der Erfahrung gewinnst du Sicherheit und schnell auch die ersten Erfolgserlebnisse. Das Schöne dabei ist: Als Startup macht es auch etwas von deinem Charme aus, dass nicht alles perfekt ist. Deine ersten Fans schließen dich trotzdem ins Herz und freuen sich, wenn du sie an deiner Geschichte und deiner Entwicklung teilhaben lässt.
Und während dein Produkt und dein Auftritt immer besser werden, entwickelt sich auch deine Marke und beginnt immer mehr Menschen in ihren Bann zu ziehen.
Lass uns die Welt verändern!
* Eines hat Google aber von Anfang an richtig gemacht: Auf der ursprünglichen Google-Seite von 1997 konnte man nur einen Suchbegriff eingeben und hatte zwei Buttons zur Auswahl. Das Ziel der Website war eine schnelle Suchfunktion – alles andere wurde konsequent weggelassen.