Die erste Frage auf dem Weg in die Selbständigkeit lautete in meinem letzten Beitrag: Warum? Ihre Antwort ist zugleich der Antrieb und das Wertefundament Ihrer Firma. Doch damit sind Sie noch keinen Schritt weiter, Ihre Geschäftsidee zu finden. Dabei hilft Ihnen heute die zweite Frage:
Warum nicht?
Viele großartige Geschäftsideen beginnen mit einem Ärgernis. Wenn die Dinge nicht so funktionieren, wie man es sich wünscht, kompliziert sind oder unverständlich teuer findet sich darin oft der Grundstein für eine neue Geschäftsidee. Ob man die Gelegenheit erkennt oder nicht, hängt zum einen vom persönlichen Interesse ab, zum anderen aber auch von einer kreativen Sichtweise:
„Viele sehen die Welt, so wie sie ist und fragen »warum«?
Robert F. Kennedy
Ich träume von einer Welt, die noch nie da war und frage »warum nicht«?“
Es geht hier nicht um die großen, weltbewegenden Erfindungen. Die wenigsten Gründer erfinden wirklich etwas neues. Und wenn doch, bleibt der Erfolg häufig anderen vorbehalten und die Erfinder gehen leer aus. Ob Walkman, MP3 oder Hybridantrieb, gerade hier in Deutschland gibt es zahlreiche Erfindungen, mit denen andere erfolgreich waren. (Mehr Beispiele in diesem Spiegel-Artikel)
Warum nicht eine Geschäftsidee finden, die es schon gibt?
Einfacher ist es da, bewährte Konzepte aufzugreifen und mit einen zusätzlichen Mehrwert für eine bestimmte Zielgruppe zu kombinieren. Beispiele gibt es genug:
Viele Menschen würden gerne guten Wein trinken, kennen sich aber nicht mit Wein aus. Warum nicht einen guten Wein für Nicht-Weintrinker entwickeln? Mit dieser simplen Idee hat das australische Weingut Casella Wines den Markt aufgerollt. Die Flaschen mit dem gelben Känguru sind Ihnen sicher schon mal im Supermarkt aufgefallen. 2013 ging die eine-milliardste Flasche von [yellow tail] über den Ladentisch.
Viele Menschen haben wenig Zeit zwischen Ihrem Zuhause und der Arbeit. Warum nicht einen behaglichen Zwischenstop anbieten, an dem sie sich rasch mit einem guten Kaffee versorgen können. Das ist längst kein neues Konzept mehr, war aber die Grundidee mit der Starbucks 1971 in San Francisco startete. Und irgendwas scheint die Kette mit der grünen Meerjungfrau bis heute besser zu machen – wenn man von der Dichte der Kaffeebecher auf der Straße ausgeht.
Wenn Sie selbst noch Probleme haben, Ihre Geschäftsidee zu finden, können Ihnen vielleicht andere Inspiration bieten. Auf Best-Practice-Business.de finden Sie mittlerweile mehr als 2500 Geschäftsideen nach Branchen geordnet kurz vorgestellt.
Den Ansatz für die eigene Geschäftsidee finden
Eine Geschäftsidee besteht aus drei Teilen: Die ersten 33% sind das eigene Angebot. 33% macht die Zielgruppe aus und weitere 33% der Mehrwert, den Ihr Angebot bietet. 1% sind ein millionenschweres Marketingbudget. Wenn grad keines zur Hand ist, reichen die übrigen 99% aber meist aus.
Die Kunst ist es, diese 99% genau auszubalancieren: Das Angebot muss ein spezifisches Problem lösen, das für eine genau bestimmte Zielgruppe relevant ist. Sie landen damit automatisch bei einer Nischen-Positionierung, bei der Ihre Stärken optimal zur Geltung kommen.
Manche fürchten, dass Sie sich dadurch einschränken. Diese Angst ist aber unbegründet. Im Gegenteil: wenn Sie Ihr Konzept zu allgemein fassen, fehlen Ihnen ganz schnell zwei wesentliche Erfolgsfaktoren: Die Abgrenzung zum Wettbewerb und das eben schon erwähnte millionenschwere Marketingbudget.
Die drei Bausteine um Ihre Geschäftsidee zu finden
Wenn Sie eine Geschäftsidee finden wollen, kommt jetzt der harte Teil. Nehmen Sie sich ein leeres Blatt Papier und beginnen Sie zu schreiben:
1. Das Angebot
a) Ihre Stärken
- Am einfachsten fangen Sie bei den Dingen an, die Sie gelernt haben. Was ist Ihre Ausbildung? In welchen Bereichen verfügen Sie über die meiste Erfahrung? Was können Sie besonders gut?
- Welche Fähigkeiten bringen Sie darüber hinaus mit? Schreiben Sie gerne? Können Sie Menschen gut einschätzen? Sind Sie ein Zahlenmensch? Besitzen Sie Führungserfahrung?
- Was sind Ihre Leidenschaften? Was interessiert Sie besonders? Von welchen Themen können Sie nicht genug bekommen? Wofür brennen Sie?
Sie müssten jetzt eine stattliche Liste vor sich haben. Wenn Sie mit anderen Mitgründern zusammenarbeiten, nehmen Sie auch deren Stärken hinzu, bevor Sie gemeinsam den nächsten Schritt angehen:
b) Welche Probleme können Sie damit lösen
Beginnen Sie nun, diese Fähigkeiten zu kombinieren. Welche Problemlösungen können Sie aufgrund Ihrer Stärken anbieten. Beginnen Sie mit den nahe liegenden Dingen und arbeiten Sie sich dann auch zu ungewöhnlicheren Kombinationen vor. Haben Sie keine Angst vor unrealistischen Ideen. Lassen Sie einfach Ihre Ideen fließen, ohne sie zu bewerten.
c) Welche dieser Lösungen sind für Sie von Wert?
Hier kommt die Warum-Frage wieder ins Spiel. Streichen Sie die Ideen an, die für Sie persönlich von Bedeutung sind und die mit Ihren Werten im Einklang stehen. Prüfen Sie noch einmal alle Ideen, ob sie nicht untereinander kombinierbar sind. Eventuell entsteht hierbei noch einmal ein neuer Ansatz.
Jetzt haben Sie eine Liste von Problemlösungen, die Sie der Welt bieten können. Vielleicht ist auch nur eine übrig geblieben, in der Regel werden es mehrere sein. Jetzt können Sie den Blick nach außen richten:
2. Wer ist der ideale Kunde?
a) Wer bezieht den größten Nutzen aus Ihren Angeboten?
Beschreiben Sie diese Kunden ganz genau. Wie alt sind sie? Wo/Wie leben sie? Welches Einkommen steht ihnen zur Verfügung? Welche Marken nutzen sie? Welche Wünsche haben sie? Welche Menschen passen besonders gut zu Ihnen? Welche Werte teilen diese Kunden mit ihnen?
Je genauer Ihre Vorstellung von Ihrem idealen Wunschkunden ist, umso leichter werden Sie diese Menschen später identifizieren können. Wenn Ihre Kunden Unternehmen sind, stellen Sie ruhig die selben Fragen. Auch Unternehmen haben eine Persönlichkeit und die Entscheider, die Sie brauchen, sind auch nur Menschen.
b) Welches ist das größte Hindernis Ihrer Kunden?
Eine wirklich effektive Problemlösung beinhaltet immer mehrere Aspekte. Neben dem Kernproblem gibt es oft weitere Hindernisse, die die Kunden überwinden müssen, bevor sie sich für Ihr Angebot entscheiden. Wenn Sie hierfür passende neue Lösungen bereit stellen, erhöht das den Wert Ihres Angebots immens.
Vielleicht erinnern Sie sich an das einfache Beispiel mit dem Handwerker aus dem Interview zur Engpasskonzentrierten Strategie mit Jörg Mann. Ein Maler, der bei älteren Menschen die Wohnung renovieren will, bietet frisch gestrichene Wände an. Ein Rentnerpärchen würde den Maler gern engagieren, steht aber dann möglicherweise vor einem neuen Problem: Wer räumt die kostbaren Möbel unbeschädigt aus dem Weg und hinterher alles wieder sauber an seinen Platz?
3. Der Mehrwert
Jetzt wo Sie auch die zusätzlichen Hindernisse Ihrer Zielgruppe kennen, können Sie anfangen diese zu aus dem Weg zu räumen. Hierfür sind meist neue Innovationen nötig, die Ihre Geschäftsidee bereichern. Der Handwerker von oben wird sich vermutlich nach einem verlässlichen Partner für die Möbel-Problematik umsehen oder sich und sein Personal entsprechend schulen.
Machen Sie diese neue Problemlösung zu einem festen Bestandteil ihres Angebots. So schaffen Sie einen wertvollen Mehrwert für Ihre Zielgruppe, der Ihr Angebot aufwertet – und mit dem Sie die Konkurrenz hinter sich lassen.
Der Kreislauf der Innovation
Damit schließt sich der Kreislauf der Innovation. Sie haben jetzt für ein oder mehrere Angebote einen Dreiklang gefunden, der funktionieren kann. Die Idee ist noch nicht geprüft oder getestet, aber sie ist geboren. Es liegt nun an Ihnen, Ihre Geschäftsideen auf Herz und Nieren zu prüfen und die Beste auszuwählen.
Wenn es doch noch nicht passt, beginnen Sie vorne und probieren neue Kombinationen. Tauschen Sie sich mit anderen darüber aus – der gesunde Menschenverstand ist hier meist wichtiger als Fachwissen. Und wenn Sie Ihre Idee gefunden haben, nutzen Sie diesen Prozess, um neue Hindernisse zu identifizieren und neue Innovationen zu entwickeln. Es ist ein ständiger Kreislauf, der zu immer weiterer Verbesserung führt:
Es ist ein relativ einfacher Prozess, aber er es das ganze Geheimnis, um eine großartige Geschäftsidee zu finden und auszuarbeiten. Wenn Sie noch weiter einsteigen wollen, habe ich hier ein paar interessante Ressourcen für Sie:
Buchtipps
„Kopf schlägt Kapital“ von Prof. Günter Faltin (hier direkt erhältlich)
„The Lean Startup“ von Eric Ries (hier auf Amazon erhältlich)
„The 100$ Startup“ von Chris Guillebeau (hier auf deutsch und hier auf englisch bei Amazon erhältlich)
Wie haben Sie Ihre Geschäftsidee gefunden? Welche Tipps haben Sie für andere Weltveränderer?
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Wenn Sie eine besondere Geschäftsidee entwickeln wollen, nutzen Sie meinen Bierdeckel Businessplan. Hiermit gewinnen Sie Klarheit in den Punkten, auf die es wirklich ankommt. Sie erhalten die Businessplan-Vorlage kostenlos als neuer Abonnent meines Newsletters mit wöchentlich neuer Inspiration für Ihren einzigartigen Auftritt:
Titelbild: European Southern Observatory (CC BY 2.0)
4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Lieber Matthias, Danke für den sehr guten Artikel. Wichtig ist wirklich zu zeigen, dass das Budget nicht den Erfolg oder den Misserfolg eines Produktes oder einer Idee ausmacht. Wenn der Kundennutzen deutlich herausgearbeitet werden kann, wird die Zielgruppe sicher erreicht. Und Dank der heutigen Medien erreicht man seine zukünftigen Kunden selbst auf dem hintersten Sofa. Communitys wie Facebook, Twitter oder Xing bringen Deine Idee auch ohne großes Budget in die Welt. Alternativ stelle die Idee einer breiten Masse einer Crowdfunding-Community vor, hier findest Du genügend Anregung für Verbesserungen innerhalb Deiner Zielgruppe. Und wenn sie Deine Idee lieben, werden Sie diese auch in die Welt tragen. Freue mich auf Deinen nächsten Blog.
Liebe Grüße
Steffen
Hallo Steffen,
danke Dir für Deine ausführliche Antwort. Du sprichst viele Themen an, die sich lohnen, hier im Blog mal näher vorzustellen. Das Jahr ist kaum gestartet und ich habe schon wieder so viele Themen auf der Agenda, die ich gerne vorstellen möchte – um von meinem hintersten Sofa aus, meine Zielgruppe zu erreichen 😉
Liebe Grüße, Matthias
Hey Matthias,
sehr guter Artikel. Vor allem der Punkt des „Mehrwerts“ ist hier von entscheidender Bedeutung.
Im Grunde ist es gar nicht so schwierig Ideen zu finden, denn jeder von uns kann anderen Menschen in irgendeiner Form Mehrwert bieten. Wenn wir erkennen, was wir können, dann sehen wir auch, was wir anderen anbieten können. Und oftmals sind es dann diese Dinge, die uns viel Spaß bereiten und in denen wir wirklich gut sind. Für alle ein Gewinn 🙂
Wer sich noch mehr mit Ideenfindung auseinandersetzen möchte, kann auch hier mal vorbei schauen:
https://theplant.de/ideenfindung
Viele Grüße
Christian
Hallo Christian,
danke für Dein Kompliment. Und den Link! Ich habe mich gleich mal zu Deinem Ideenfindungskurs angemeldet. Bin gespannt, was Du da gezaubert hast.
Viele Grüße,
Matthias